Rote Box

Das Bad in Modulbauweise – Interview

Interview

Im Interview spricht Joachim Maier, Mitbegründer und Geschäftsführer der POOL out of the BOX GmbH, Heidenheim, über den Entstehungsprozess des Freibades in Bochum-Werne und für wen sich ein Bad aus der Box lohnt.

Petra Steiner:
Bäderbau und Modulbau – diese Disziplinen wurden bislang nicht zusammengeführt. Wie entstand die Idee?

Joachim Maier:
Modulbau ist in einigen Bereichen des Bauens stark im Kommen. Ressourcen werden knapper, die Vorfertigung auch im Bauwesen immer wichtiger und gut ausgebildetes Fachpersonal auf Baustellen seltener. Nach einer Anfrage aus Dänemark an unseren Exklusivpartner ZELLER bäderbau entstand die Idee, ein temporäres Bad in eine bestehende Tennishalle zu planen. Ein Ring aus Überseecontainern sollte für die statische Abstützung des Edelstahlbeckens sorgen. Unser Anliegen war es, eine möglichst schnelle Nutzung des Bades zu ermöglichen. Nachdem dann die Tennishalle nicht mehr zur Verfügung stand, sollten wir ein Bad mit Halle planen. Der Auftrag kam dann nicht zustande, doch wir hatten bereits fertige Pläne für ein Hallenbad nach dänischen Vorschriften in der Tasche.
Nachdem wir unser Konzept an die deutsche Bauordnung angepasst hatten, präsentierten wir auf der interbad 2018 unser innovatives Konzept zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Die Resonanz auf POOL out of the BOX war groß und hat uns gleich den 1. Preis beim interbad Innovation Award eingebracht.

Petra Steiner:
Für ein solches Pilotprojekt ist ein umfassendes Know-how aus unterschiedlichen Bereichen erforderlich. Wer steht hinter POOL out of the BOX?

Joachim Maier:
Für die Planung und Umsetzung unseres Modulbau-Bades haben wir mehrere Exklusiv-Partner ins Boot geholt. Alle Partner beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit den zentralen Fragestellungen rund um den Bäderbau bzw. den Modulbau. Die TGA- Planung übernimmt das Unternehmen Kannewischer, das uns als erfolgreicher Bäderbetreiber auch beratend zur Seite steht. Als Architekten konnten wir die Stuttgarter Bäderspezialisten 4a Architekten gewinnen, und ADK Modulraum zählt zu den führenden Herstellern im Modulbau. Mit ZELLER bäderbau haben wir einen der erfahrensten Edelstahlbeckenbauer am Start. Wassertechnik Wertheim liefert die Wasseraufbereitung und trägt durch energieeffiziente Lösungen zur Wirtschaftlichkeit der Projekte bei. Die Lüftungstechnik kommt von Menerga und die Schließ- und Kontrollsysteme – wenn gewünscht – von EWV aus Giengen.

Petra Steiner:
Was macht den Modulbau für die Schwimmbadplanung attraktiv?

Joachim Maier:
Ganz klar: die Planungssicherheit, die sehr kurze Bauzeit und die Kostensicherheit. Zudem sieht das Raumprogramm bei kleinen Bedarfsbädern in der Regel immer gleich aus. Da muss nicht immer alles komplett neu gedacht und geplant werden. Vor diesem Hintergrund ist es unser Ziel, das Schwimmbad in Zukunft als fertiges Produkt zu entwickeln und anzubieten.

Petra Steiner:
Was hat Ihre erste Bauherrin, die WasserWelten Bochum GmbH, überzeugt?

Joachim Maier:
Alle oben genannten Punkte waren in der Summe ausschlaggebend dafür, dass wir den Auftrag für das Freibad Werne bekommen haben. Wenngleich die überaus sportliche Zeitschiene von neun Monaten wahrscheinlich an erster Stelle stand.

Petra Steiner:
Wie unterscheiden sich die Planungsschritte für ein Bad in Modulraum-Bauweise im Vergleich zu einem konventionell errichteten Bad?

Joachim Maier:
Die Vorgehensweise für die Errichtung eines Modulraum-Bades ist eher mit der Planung eines Industrieproduktes zu vergleichen als mit der eines konventionellen Gebäudes. Baubegleitendes Planen ist hier nicht erforderlich. Aber genau darum geht es ja auch: ein perfektes Gebäude in allen Facetten der Betrachtung nachhaltig zu planen und herzustellen – reproduzierbar und somit vergleichbar. Das Monitoring in Bezug auf Energieeffizienz und Betrieb schafft Synergien, die in der Zukunft mit Sicherheit immer wichtiger werden.

Petra Steiner:
Was war die größte Herausforderung?

Joachim Maier:
Es gab in der Tat einige Herausforderungen. Angefangen damit, dass wir unter Corona-Bedingungen planen, produzieren und bauen mussten. Zudem kam es im laufenden Prozess zu einem kompletten Führungswechsel bei der Bauherrschaft. Dann kam der Schnee – in Bochum zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder. Anschluss folgte eines der größten Unwetter seit über 50 Jahren. Dauerregen überschwemmte den Pumpenkeller und den Filterraum, und das fertig installierte Erlebnisbecken wurde beschädigt. Zu allem Überfluss kam die noch nie dagewesene Baumaterialknappheit hinzu – und trotzdem ist es uns gelungen, das Bad rechtzeitig fertigzustellen.

Petra Steiner:
Sind modular errichtete Bäder nachhaltig(er)? Wie sieht es mit der Rückbaubarkeit von Gebäude und Becken aus?

Joachim Maier:
Da wir größten Wert auf Ressourcenschonung und Energieeffizienz in allen Geräten, Prozessen und Materialien legen, sind POOL out of the BOX Bäder in besonderem Maße nachhaltig. Abgesehen von der Bodenplatte fürs Fundament wird kein Beton eingesetzt. Die Hybrid-Module aus Stahl und Holz sowie die Edelstahlbecken sind komplett rückbaubar, und so ist selbst das Versetzen eines Bades problemlos möglich.

Petra Steiner:
Jetzt, da das erste Bad „aus der BOX“ ist – wie geht es weiter?

Joachim Maier:
Im Moment sind wir dabei, unser kleinstes Bad, die „edition school“, zur Fertigungsreife zu bringen. Immer weniger Kinder lernen schwimmen. Immer weniger Schulen können Schwimmunterricht in der Schulzeit anbieten. Vor diesem Hintergrund entwickeln wir ein kleines Hallenschwimmbad mit einem Lehrschwimmbecken. Damit möchten wir Kommunen die Möglichkeit geben, den großen Bedarf an Unterricht und Kursen wieder decken zu können – und das möglichst schnell, ohne langjährige Planungs- und Bauphasen.